Abschied nehmen

Wer stolzer Pferdebesitzer ist, wird früher oder später auch mit dem Thema Abschied nehmen konfrontiert werden. Für mich kam das alles schneller und unerwarteter als mir lieb war und daher habt ihr jetzt auch einige Wochen nichts von mir gehört. Aber der Reihe nach.

Schon seit mehreren Wochen fiel mir bei meinem Herzenspferd Talli auf, dass er beim Reiten immer wieder in der Schulter einknickt. Daher habe ich dann auch Petra Stegmüller um Rat gefragt und ihn Physiotherapeutisch durchchecken lassen. Leider hat dies nicht zum gewünschten Erfolg geführt und nach meinem dafürhalten wurde es immer schlechter.

Vor einigen Wochen konnte ich dann beobachten, dass Talli nach dem Wälzen auf der Koppel nicht sofort aufstehen konnte sondern beim Versuch dabei wieder hinfiel. Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht und mich gewundert, da mir das bis dahin nie aufgefallen war.

Am nächsten Morgen, einem Samstag, wie konnte es anders sein, sah ich, dass er am Kopf und an den Hinterbeinen aufgeschlagen war. Mein Verdacht war, dass er in der Nacht in der Box gelegen hat und nicht auf anhieb aufstehen konnte. Zudem lief er an diesem Tag unglaublich schlecht, als wäre er besoffen. Also rief ich einen Tierarzt. Wie so oft war natürlich keiner meiner Stammtierärzte zu erreichen, einige waren im Urlaub. Die Tierarztpraxis Kühle aus Ilshofen war glücklicherweise erreichbar und die Tierärztin im Notdienst sagte auch zu, sofort zu kommen. Bis zu deren Eintreffen entwickelte er dann zudem noch eine starke Kolik, so dass deren Behandlung zunächst im Vordergrund stand.

Infusionen, Nasen-Schlud-Sonde, alles was wir seit mehr als 10 Jahren hinter uns gelassen hatten, kam wieder ins Spiel. Warum er so schlecht lief, war uns beiden nicht klar. Alle Reflexe funktionierten und auch das Gleichgewicht konnte er gut halten. Beim darauffolgenden Spaziergang fiel Talli trotz Schmerzmittel zweimal fast hin und als wir zurück waren, fraß er etwas Grascobs. Mir fiel auf, dass er seinen Kopf nicht mehr bis zum Boden strecken kann und nur auf Brusthöhe fressen konnte. In der Box, aus dem Heunetz, zeigte sich das gleiche Problem.

Was tut man mit einem Pferd, das eigentlich laufen soll aber nicht wirklich stabil laufen kann. Ich war wirklich ratlos und habe mich dann entschieden ihn für einige Zeit in die Box zu stellen, zumal es an dem Tag auch ziemlich warm war und ich auch um seinen Kreislauf fürchtete.

Talli begann dann etwas zu fressen, jedoch wurde die Kolik am Abend wieder schlimmer. So habe ich erneut den Tierarzt gerufen. Er bekam nochmals Schmerzmittel, für sein schlechtes Gangbild gab es nach wie vor keine Erklärung. Da er ja auch ein Magengeschwürpatient ist, vereinbarte ich mit der Tierärztin, dass er regelmäßig einige Grascobs bekommt.

Anschließend ging ich mehr als 5 Stunden mit ihm auf dem Auslauf spazieren. Nachts um halb drei hatten wir die Kolik endlich besiegt und Talli konnte auch wieder vom Boden fressen. Jedoch schlug er jetzt mit dem Kopf und war irgendwie in Rage. Mittels Biophotonenplastern konnte ich glücklicherweise auch dieses Problem lösen und er bekam für die Nacht einen Platz im Unterstand im Offenstall. Ich wollte um jeden Preis vermeiden, dass er sich wieder in die Box legt und dann nicht mehr aufstehen kann.

Kolik besiegt – doch warum läuft er so schlecht?

Der Sonntag wurde für mich nicht viel besser. Die Kolik war zwar besiegt, Talli fraß normal, konnte aber immer noch nicht besser laufen. Meine Hoffnungen lagen auf dem Blutergebnis, ich dachte an eine Vergiftung und hoffte, dass diese durch die Infusion möglicherweise ausgeschwemmt werden würde.

Am Montag konnte ich dann wieder auf der Koppel beobachten, dass er sich unheimlich schwer tat aufzustehen und drei Versuche brauchte, bis es ihm endlich gelang. Bis Dienstag war sein Zustand zwar stabil aber das Laufen wurde nicht erkennbar besser. Die ersten Blutwerte waren da und brachten null Ergebnis. Keiner der Werte war erhöht und so konnten wir auch daraus nicht auf eine Ursache schließen. Die Aussage vom Tierarzt war, dass die Werte ungewöhnlich gut sind. Keine erhöhten Leberwerte, kein Selenmangel, also eigentlich alles Bestens. Die Idee war, ihm Schmerzmittel zu geben, aber da bin ich bei Pferden im Offenstall grundsätzlich sehr vorsichtig und die Box war keine Lösung. Zudem hatte ich nicht den Eindruck, dass er unter Schmerzen leidet.

Mittwoch hatte zum Glück meine Tierheilpraktikerin Avana Eder kurzfristig einen freien Termin und wir begannen mit einer homöopathischen Behandlung bei der Talli alle halbe Stunde Globuli bekommen musste. Zwischenzeitlich war er auf dem Rücken mega empfindlich und wich schon bei kleinen Berührungen aus.

Donnerstagabend hatte ich endlich den Eindruck, dass es ihm etwas besser geht. Er spielte wieder mit Ibusz und fraß ganz normal mit den anderen Pferden zusammen. Die Tage vorher hing er ständig an mir, sobald ich irgendwo auftauchte und wollte geknuddelt und geknuffelt werden. Donnerstag war alles besser und so war ich voller Hoffung, dass sich doch irgendwie noch alles zum Guten wenden würde.

Und dann ging alles ganz schnell

Mit viel Hoffnung und einem recht guten Gefühl starteten wir dann in den Freitag. Es versprach ein herrlicher Tag zu werden, die Sonne schien wie in der gesamten Woche vorher, die Pferde waren auf der Wiese und kamen abends zurück auf den Auslauf.

Dort spielte Talli mit Ibusz und fiel dann unterm Spielen hin. Seine Versuche wieder aufzustehen scheiterten, er kam einfach mit der Hinterhand nicht mehr auf die Beine. Nach etwa 20 Minuten und mehreren Versuchen legte er sich flach auf den Boden und machte keinen Versuch mehr aufzustehen. Ibusz animierte ihn sich zu bewegen und weiterzuspielen doch Talli zeigte kaum noch Reaktion darauf. Gedanken über Gedanken was passiert sein könnte rasten mir durch den Kopf und vor allem was tun?? Binnen einer halben Stunde lag mein vorher spielendes Pferd apathisch auf dem Boden und zeigte kaum mehr Reaktionen.

Die Entscheidung ein geliebtes Tier gehen zu lassen gehört wohl zu den schwersten im Leben. Talli kam mit 3 Jahren zu mir, wir haben in 13 Jahren viele Höhen und Tiefen überstanden und das sollte es jetzt gewesen sein. Realistisch betrachtet war es die einzige Lösung und so bat ich meinen Haus- und Hoftierarzt ihn einzuschläfern.

Was am Ende die Ursache war, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Ein Tumor, Krebs, ein Blutgerinsel? Möglichkeiten gibt es viele, Diagnose keine. Die folgenden Tage habe ich wie im Nebel überstanden. Ich bin unglaublich dankbar für 13 Jahre mit diesem tollen Pferd. Er hatte glücklicherweise noch eine sonnige letzte Woche auf der Wiese mit seinen Freunden und hat mir am Ende die Entscheidung abgenommen, indem er mir mehr als deutlich gezeigt hat, dass er nicht mehr will.

Vielen Dank an meine Familie und meine Freunde, die mich in den folgenden Tagen aufgefangen haben. Ein Dank auch an ein tolles Team aus Tierärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuthen, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen.

Wie geht es weiter?

Für mich erstmal ohne eigenes Pferd. So kann ich mich jetzt intensiver um die Ausbildung von Ibusz kümmern, der sich jetzt alleine durchs Gelände schlagen muss, was für jedes junge Pferd eine wirkliche Herausforderung ist. Was im Frühjahr dann kommt, wird sich zeigen.

In meinen Beiträgen werde ich euch natürlich weiterhin mit aktuellen Themen auf dem Laufenden halten.

2 Replies to “Abschied nehmen”

  1. Hallo Mich das tut mir leid das du Tallisander gehen lassen musstest ich weis was das heißt einen Freund gehen zu lassen bei mir war es bei meinen ersten Hund auch so viel Kraft LG Christian

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